ExRotaprint wurde mit dem Julius Berger Preis für Stadtentwicklung 2016 ausgezeichnet.
Am 3. Juni 2016 ist zusammen mit den Architekturpreisen 2016 unter Anwesenheit von Andreas Geisel, Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, der alle 3 Jahre ausgelobte Julius Berger Preis für Stadtentwicklung in Berlin vergeben worden. Wir freuen uns sehr, dass sich die Jury unter der Schirmherrschaft von Berlins Ehrenbürger Edzard Reuter für unser Projekt ExRotaprint entschieden hat. Der Julius Berger Preis für Stadtentwicklung wurde von Bilfinger SE gestiftet um an den Berliner Unternehmer Julius Berger zu erinnern und ist mit 10.000 € dotiert. 2013 wurde der Preis erstmalig an das Arnold Fortuin Haus verliehen, einem Wohnprojekt für Sinti und Roma der Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft in Berlin-Neukölln.
Wir freuen uns besonders, dass ein Mieterprojekt wie ExRotaprint, das sich gegen die Spekulation mit Grund und Boden richtet und sich für eine heterogene Stadtgesellschaft einsetzt, einen solchen Preis erhält. Wir verbinden damit die Hoffnung, dass die Berliner Stadtentwicklungspolitik mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung auf Gemeinwohl orientierte, profitferne und für alle gesellschaftlichen Gruppen zugängliche Projekte richtet. Der Zugang zu Boden und bezahlbaren Wohnraum für Alle ist die Grundlage für eine soziale, heterogene Stadtgesellschaft ohne Ausgrenzung.
Dankesrede von Daniela Brahm und Les Schliesser
anlässlich der Verleihung des Julius Berger Preises für Stadtentwicklung 2016 an ExRotaprint, am 3. Juni 2016 im Rahmen der Architekturpreise 2016, Palais am Funkturm, Berlin
„Wenn man was gewinnt, ist das ja immer eine Freude – vor kurzem hat mich meine Schwägerin angerufen, weil mein Bruder eine Reise gewonnen hat, in die Türkei, mittlerweile war mein Bruder allerdings verstorben, und das Preisausschreiben war auch schon drei Jahre her und es stellte sich am Ende heraus, dass das Ganze eine Werbemaßnahme war, und jeder, der das Preisausschreiben ausgefüllt hatte, wurde früher oder später zum Gewinner.
Das ist heute natürlich ganz anders. Wir haben nichts ausgefüllt und wurden trotzdem nominiert und was jetzt natürlich wirklich eine ganz große Freude ist – jetzt stehen wir hier und bekommen von Bilfinger SE einen Preis für Stadtentwicklung überreicht – wir, ein Mieterprojekt, das sich auf die Fahne geschrieben hat, gegen Spekulation mit Grund und Boden, ohne Profit und für eine heterogene Nutzung von Immobilien ein Modell für eine andere Stadtentwicklung unter Beweis zu stellen.
Vor fast 14 Jahren, als wir angefangen haben an ExRotaprint zu arbeiten, war der Erfolg komplett unwahrscheinlich – das Einzige, was uns in die Hände gespielt hat, war der am Boden liegende Immobilienmarkt und die Tatsache, dass der Berliner Liegenschaftsfonds genau zu diesem Zeitpunkt das Gelände im Wedding verkaufen wollte. Wir haben diese Nullstelle des Marktes genutzt, um ein Projekt aufzusetzen, das Profit am Eigentum ausschließt und den Fokus auf die Nutzung der Immobilie und das so mögliche, soziale Kapital lenkt.
Die Finanzkrise hat uns heute in eine andere Umlaufbahn geschossen. Betongold kann man auch im Wedding schürfen, die Zeiten der Nullstellen sind für Berlin vorbei. Umso wichtiger ist es für die Gesellschaft, dass Politik aktiv für eine andere, offene Stadtentwicklung einsteht und Projekte fördert, die sich mit diversen und auch randständigen Gruppen auseinandersetzt, damit auch beim großen Preisausschreiben der künftigen Berliner Stadtentwicklung alle Gewinner sein werden.
Wir, als die Initiatoren von ExRotaprint haben auch jeder Menge Leute zu danken, die an unserer Seite für das Projekt eingestanden sind: In den ersten anderthalb Jahren war das Karin Baumert, die als ehemalige Baustadträtin mit ihren Kontakten in die Politik für den ersten Schub gesorgt hat; Georg Löchner, der damals noch Architekturstudent war; Rainer Giedat, der mit seiner Masterarbeit über das ehemalige Rotaprint Gelände, die Teile unseres Konzepts enthielt, einen Preis für Real Estate Management gewonnen hatte und dann vom Liegenschaftsfonds eingestellt wurde. Christian Schöningh und Bernhard Hummel sind mit uns durch die Phase der Übernahme manövriert und haben mit uns gemeinsam die ersten Baumaßnahmen geplant; wir danken ausdrücklich nochmal Bernhard Hummel und Oliver Clemens, die mit uns bis heute als planende Architekten mit Sinn für Kosten das Projekt steuern. Aus der Politik sind es besonders Ralf Wieland, Ephraim Gothe und Christian Hanke sowie Thomas Flierl, die sich für unser Projekt eingesetzt haben. Gerade Ephraim Gothe ist in der Berliner Stadtentwicklung eine unverzichtbare Figur, die eine Schnittstelle bildet zwischen Zivilgesellschaft, Politik und Senat. Wir möchten den Gesellschaftern von ExRotaprint danken für Ihr Vertrauen und die enge, zielorientierte Zusammenarbeit; und natürlich unseren Partnern Rolf Novy-Huy von der Stiftung trias und Christoph Langscheid von der Stiftung Edith Maryon – das von uns mit den beiden Stiftungen abgeschlossene Erbbaurecht ist ein wichtiger Baustein unseres Konzepts, um das Gelände langfristig der Bodenspekulation zu entziehen und den Weiterverkauf zu verhindern – das Erbbaurecht ist ein Instrument, das auch die Stadt stärker nutzen kann, um Projekte in ihren Zielen langfristig abzusichern. Und last but not least danken wir allen Mietern von ExRotaprint – zu denen auch wir selbst gehören – für den Zusammenhalt und für die regelmäßigen Mieteinnahmen als wirtschaftliche Grundlage für das Projekt ExRotaprint. Vielen Dank noch mal für den Preis, wir freuen uns sehr.“